Viagra – Was ist Fakt, was ist Mythos?

22. Oktober 2019

Wenn jemand die „kleine blaue Pille“ erwähnt, weiß man sofort, wovon gesprochen wird.

Seit seiner Einführung im Jahr 1998 ist Viagra, in einem Maße wie sonst kein anderes Medikament, zum weltweiten Phänomen geworden. Erwähnen Sie im Gegensatz dazu „Omeprazole“ im Gespräch, werden die Gesprächspartner - es sei denn sie nehmen das Medikament selbst ein - wahrscheinlich nachschlagen müssen, welche Krankheit damit behandelt wird. Aber bei Viagra weiß jeder, nicht nur Patienten mit Potenzstörung, was es damit auf sich hat.

Aber kennen wir das Medikament wirklich so gut, wie wir denken? Das Problem mit der Mundpropaganda ist, dass schnell Fakten durcheinanderkommen, und wir uns eine Meinung bilden, die sich als Irrglaube herausstellt. Es ist darum Zeit, dass wir die Wahrheit von der Fantasie trennen, damit Sie wirklich über die berühmten blauen Pille Bescheid wissen.

1. Mythos:

Führt Viagra zu einer sofortigen Dauererektion?

Der vielleicht häufigste Irrglaube über Viagra ist, dass die Einnahme des Medikaments zu einer sofortigen Erektion führt. Viele stellen sich vor, dass ein Mann nach der Einnahme von Viagra nicht das Haus verlassen kann, da er die nächsten 4 bis 5 Stunden eine Erektion haben wird. Diese Idee ist Unsinn.

Was es mit dem 4-5-stündigen Zeitfenster der Wirksamkeit auf sich hat, ist einfach, dass der Wirkstoff für diesen Zeitraum im Körper aktiv ist. Viagra sorgt nicht für eine Erektion aus dem nichts - es hilft Männern nur dabei, bei sexueller Eregung eine bleibende Erektion herbeizuführen. Im Klartext bedeutet das: Das Medikament funktioniert nur dann, wenn sexuelle Stimulation involviert ist, es wirkt nicht von allein.

Es handelt sich dabei um eine Krankheit namens Priapismus, die vom Arzt bzw. der Notfallaufnahme behandelt werden muss. Zum Glück tritt diese Krankheit selten auf, und ist typischerweise auf eine allergische Reaktion oder Wechselwirkungen mit einem anderen Medikament zurückzuführen. Es ist deswegen so ungemein wichtig, dass Sie Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin Ihre volle medizinische Vorgeschichte mitteilen, damit er oder sie sicherstellen kann, dass Viagra für Sie geeignet ist.

2. Mythos:

Ist Viagra die einzige Behandlungsoption für erektile Dysfunktion?

Es mag das berühmteste sein, aber Viagra ist definitiv nicht das einzige Arzneimittel gegen erektile Dysfunktion. Andere beliebte Medikamente sind Cialis, Levitra und Spedra - Cialis aufgrund seiner langen Wirksamkeit, Levitra aufgrund seiner weiten Verträglichkeit und Spedra aufgrund einer schnellen Wirkung. Preiswertere Generkia von Viagra und Cialis sind ebenfalls erhältlich – diese enthalten die gleichen aktiven Wirkstoffe, sind aber viel günstiger.

3. Mythos:

Ist Viagra ein Aphrodisiakum?

Austern, Chili, Schokolade – haben etwas miteinander gemeinsam, sie sind Aphrodisiaka. Ein Aphrodisiakum ist ein Mittel zur Steigerung der Lust (oftmals in Lebensmittelform, aber es gibt auch andere Varianten). Zwar stehen im Internet lange Listen von verschiedenen Aphrodisiaka, die Sie ausprobieren könnten, um sich in Stimmung zu bringen, Viagra gehört jedoch nicht dazu. Da Viagra stets mit Sex assoziiert wird, überrascht es nicht, dass dieser Irrglaube entstanden ist, aber tatsächlich geht es bei Viagra um die sexuelle Funktionstüchtigkeit, nicht die Lust zum Sex – ein wichtiger Unterschied! Wenn die Lust kein Problem ist, Sie aber Erektionsschwierigkeiten haben, kann Viagra Ihnen zum Durchbruch verhelfen, doch wenn Sie einfach keine Lust auf (oder generell kein Interesse an) Sex haben, hilft Ihnen auch Viagra nicht weiter. Wie gesagt, auch mit Viagra bedarf es sexueller Stimulation; das Medikament wirkt, indem es die Durchblutung steigert – nicht aber die Libido.

4. Mythos:

Können Frauen Viagra nehmen?

Viagra ist doch dazu da, Menschen mit sexuellen Schwierigkeiten zu mehr Sex zu verhelfen – heißt das nicht im Gegenschluss, dass auch Frauen mit Libidostörung oder vaginaler Trockenheit das Medikament nehmen können? Diese Annahme ist falsch. Wissenschaftlich gesehen hat das Medikament an für sich nichts mit Sex zu tun. Viagra erhöht die Blutzufuhr zum Penis, indem es die Blutgefäße in der Muskelwand entspannt, was zu einer Erektion des Mannes führt.

Männer und Frauen sind sexuell so unterschiedlich, von der Libido zur körperlichen Funktion, dass das Medikament einfach nicht die gleiche Wirkung auf Frauen hat. Wenn Sie als Frau unter verringerter Libido oder vaginaler Trockenheit leiden, hat dies wahrscheinlich mit Ihren Hormonen zu tun, weshalb Sie sich von Ihrem Arzt untersuchen lassen sollten und dieser Ihnen bei Bedarf ein geeignetes Medikament verschreiben kann.

5. Mythos:

Wird Viagra nur zur Behandlung der erektilen Dysfunktion verwendet?

Diese Annahme ist nicht ganz falsch. Viagra ist nur für die Behandlung einer Potenzstörung zugelassen, da dieser Effekt bis dato der einzige ist, der wissenschaftlich bewiesen wurde. Viagra wurde jedoch ursprünglich als Heilmittel gegen Angina entwickelt - bevor Wissenschaftler unerwartete Nebeneffekte beobachteten und das Medikament stattdessen für die die Behandlung von Potenzstörung zugelassen haben. Forscher haben sich seitdem nicht mit der Idee zufriedengegeben, dass Potenzstörung das einzige ist, wofür Viagra verwendet werden kann.

Einige klinische Studien, in denen der Einsatz von Viagra zur Behandlung von pulmonaler Hypertonie, Raynaud-Syndrom und sogar Regelschmerzen getestet wurde, haben vielversprechende Resultate erbracht. Auch wenn Viagra im Moment nur die Zulassung für Erektile Dysfunktion hat, wird es von Interesse sein, mitzuverfolgen, was sich in dieser Richtung entwickelt.